Graf Siegfried hielt um die Hand der schönen Tochter des Burgherrn von Falkenstein an. Der runzelte hochmütig die Stirn und sprach: "Bei Rittern ist es Sitte, hoch zu Roß mit Wagen und Gefolge die Braut abzuholen.
Wenn Ihr es vermögt, über Nacht einen Weg von der Berghöhe hinunter auf mein Felsennest zu bauen, so ist meine Tochter Euer!" Das war blanker Hohn, denn nicht einmal in einem Jahr hätte Siegfried dieses Werk vollenden können. Als er betrübt den Felsenpfad hinaufschritt, trat der Zwergenkönig in grünem Gewande aus dem Gebüsch. "Ich kann Euch zur Erfüllung Eures Wunsches verhelfen", so sprach er, "wenn Ihr mir einen Gefallen erweist. Dort wo meine Zwerge hausen, betreibt Ihr ein Bergwerk, und bald habt Ihr sie mir durch Euer Gepoch und Gehämmer alle vertrieben. Legt das Bergwerk still! Dann bauen wir Euch noch in dieser Nacht den Weg nach Falkenstein!"
Freudig sagte Graf Siegfried zu. Und also gleich wimmelte der Wald von Zwergen, die Bäume fällten, den Weg absteckten, Steine und Erdreich be- wegten. Als vom Turm der Burgkapelle die Mitternachtsstunde schlug, war das Werk vollendet. Am frühen Morgen stieß der Wächter vom Turm in sein Horn und kündigte den prächtigen Zug von Wagen und Reitern an, die den breiten Fahrweg zur Burg herunterkamen. Der Falkensteiner löste das Wort, das er gegeben, ein und nahm den Ritter, der solchen "Teufelsweg" fertiggebracht, zum Eidam an.
(c) 1966 Hans Theis, Neuerburg